2006-02-16, 19:18
Als Abschluß ein Nachtrag.
Von Paul Lendvai
Ich glaube dem ist nichts mehr hinzuzufügen..
**edit**
Eines sollte man noch bedenken. Von - ich glaube - ca. 1,5 Milliarden Muslimen auf dieser Welt, haben es ein paar hundert geschafft ins Fernsehen und auf Titelseiten zu kommen während sie Botschaften und Fahnen abfackeln. Es darf gefragt werden, wieso manche Staaten nicht in der Lage waren die Botschaften zu schützen. Es darf gefragt werden wieso diese Länder gegen Schändung des Korans, aber nicht gegen Folter (von Muslimen) demonstrieren? Warum wohl?
Von Paul Lendvai
Zitat: In einem bemerkenswerten Interview mit dem Spiegel sagte der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen: "Wir Dänen fühlen uns wie im falschen Film."
Er sprach vom "Karikaturen-Krieg", von den weltweiten Protesten der in ihren religiösen Gefühlen verletzten, freilich auch von fundamentalistischen Hasspredigern und manchen islamistischen Regierungen aufgehetzten Muslime gegen die vor Monaten erschienenen Mohammed- Karikaturen in der dänischen Jyllands- Posten. Die Dänen müssen verwirrt, frustriert und immer empörter mitansehen, wie wegen ein paar geschmacklosen Karikaturen, die im eigenen Land schon halb vergessen schienen, ihre Fahnen verbrannt, ihre Botschaften in Brand gesteckt und ihre Produkte boykottiert werden. Publizisten und Philosophen, Politiker und Religionsvertreter diskutieren in zahlreichen europäischen Zeitungen darüber, wo die Grenzen der religiösen Verunglimpfung und der Meinungsfreiheit zu setzen seien.
Dass nun eine Teheraner Zeitung "die zwölf besten Karikaturen zum Holocaust" veröffentlichen will und dass gerade in jenen Ländern, in denen jetzt dänische, oft auch norwegische oder deutsche Fahnen verbrannt werden, seit Jahrzehnten Juden und Amerikaner im Stil der Nazi-Hetzschriften dargestellt werden, braucht man hier kaum besonders zu erwähnen, um die Heuchelei der Drahtzieher hervorzuheben. Im globalen Informationsfluss dürfen indessen zwei besonders abstoßende Beispiele der unersättlichen Gier nach Gewinn nicht unerwähnt bleiben.
Die Schweizer Weltfirma Nestlé wies die Nahostkonsumenten darauf hin, dass ihre Milchprodukte nicht von dänischen Kühen stammten! Die ägyptische Filiale des französischen Handelskonzern Carrefour ließ seine "lieben Kunden" auf Arabisch und Englisch wissen, man führe "aus Solidarität keine dänischen Produkte". Das ist die hässliche Fratze jener Gesinnungslosigkeit, die jederzeit bereit ist, für Extraprofit die Solidarität bei der Verteidigung demokratischer Grundrechte aufs Spiel zu setzen.
Die 5,3 Millionen Dänen sind die Prügelknaben in einer verlogenen Welt. Dass dieses kleine Land pro Kopf die höchste Entwicklungshilfe leistet und zu den größten Nettozahlern an die Palästinenser gehört, wird ebenso vergessen wie die einzigartige Tat der dänischen Nation im Zweiten Weltkrieg. Dänemark wurde vom Dritten Reich im April 1940 überfallen. Der SS- Obergruppenführer Best wollte am 1. Oktober 1943 8000 dänische Juden deportieren. Durch eine außerordentliche Operation, an der das gesamte dänische Volk beteiligt war, wurden alle dänischen Juden versteckt und dann mit Fährbooten hinüber nach Schweden gebracht, wo sie bis Kriegsende in Sicherheit blieben. Es gelang den deutschen Besatzern, etwa vierhundert Juden zusammenzutreiben, die sie nach Theresienstadt schickten.
Infolge des hartnäckigen Eintretens des dänischen Roten Kreuzes für die Deportierten wurde keiner von ihnen nach Auschwitz geschickt. Die Erinnerung an eine Zeit im besetzten Europa, als nur Dänemark (und Bulgarien) die jüdischen Gemeinden vor der Auslöschung durch das NS-Regime und seinen willigen Kollaborateuren retten konnte, bildet (und nicht nur für die Juden!) zum Teil die Grundlage des internationalen Ansehens des kleinen Landes.
Das "eingeschüchterte Europa" (so der treffende Titel eines Le Monde-Leitartikels) sollte bei aller Anerkennung der Integration der muslimischen Minderheiten jene Prinzipien verteidigen, die unserem säkularen Staat zugrunde liegen: die Freiheit der Meinungen, die Trennung von Staat und Kirche und die Gleichberechtigung von Mann und Frau. (DER STANDARD, Print, 16.2.2006)
Ich glaube dem ist nichts mehr hinzuzufügen..
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Eines sollte man noch bedenken. Von - ich glaube - ca. 1,5 Milliarden Muslimen auf dieser Welt, haben es ein paar hundert geschafft ins Fernsehen und auf Titelseiten zu kommen während sie Botschaften und Fahnen abfackeln. Es darf gefragt werden, wieso manche Staaten nicht in der Lage waren die Botschaften zu schützen. Es darf gefragt werden wieso diese Länder gegen Schändung des Korans, aber nicht gegen Folter (von Muslimen) demonstrieren? Warum wohl?